Dings da, Einlegelaschen!

Ich mache gerade einen neuen Ordner und brauche Einlegelaschen. Ja, bisher habe ich diese schmalen Stückchen Papier unter diesem Namen gekannt. Zu den Zeiten als ich im Büro gearbeitet habe, hatte eine ältere und erfahrenere Kollegin diese Bezeichnung benutzt. So hatte sich die Einlegelasche bei mir eingeprägt.

Ich gehe ins Geschäft. „Guten Tag! Wo finde ich die Einlegelaschen?“, frage ich. „Ach, Sie meinen bestimmt die Aktenfahnen“, sagt die Verkäuferin. „Äh, ja“, sage ich, „wahrscheinlich“, denke ich, denn ich war mir nicht sicher, ob wir dasgleiche meinen. Sie geht zum Schränkchen und zeigt es mir „Hier, welche Farbe hätten Sie gerne?“, fragt sie. „Rosa, ich nehme mal rosa“, sage ich und war froh, dass ich in diesem kleinen Laden fündig wurde. „Peep, peep“, macht es an der Kasse und die Ware wird zum Verkauf abgescannt. Ich schaue zufällig auf die Verpackung und sehe da „Trennstreifen“. Aha, Einlegelaschen, Aktenfahnen, Trennstreifen.

2015-08-15 TrennlaschenIch gehe hach Hause und will der Sache auf den Grund gehen. Statt den Ordner endlich mal fertigzustellen, frage ich mich, welche Bezeichnungen es wohl noch für diesen Gegenstand gibt. Mit der üblichen Neugierde schaue ich im Duden, Wahrig, Langenscheidt und Pons nach. Da werde ich leider nicht fündig. Diese Wörterbücher kennen nur „Aktenkoffer, Aktenmappe, Aktenordner, Aktenschrank, Aktentasche, Aktenzeichen, Trenndiät, Trennkost, Trennpunkt, Trennscheibe, Trennwand“ usw. „Steht bestimmt in einem Fachwörterbuch für Bürowesen oder so“, vertröste ich mich. Ich besitze aber so ein Wörterbuch nicht und fühle mich irgendwie hilflos. Ich lasse aber nicht nach. Ich schaue bei Wikipedia nach. Aha, Treffer! Dort wird es „Trennstreifen, Trennlasche, Trennblatt“ genannt. Weiter frage ich bei Leo nach den Trennstreifen und er spuckt mir auf Russisch „кревая разделительная полоса, разделительная линия автомобильной дороги [строит.]“ und auf Englisch „dividing strip, marker space, etc.” raus. Nene, das ist nicht das, was ich suche. „Filing strips“ steht doch auf der Verpackung.

Nach einer Weile denke ich mir „vielleicht frage ich mal im DIN, dem Deutschen Institut für Normung oder im Duden-Verlag nach“ und will fast schon eine E-Mail schreiben. Ich merke aber, dass es etwas zu gründlich wird. Aber immerhin kann ich mich nicht davon zurückhalten, auf Amazon nach einem „Wörterbuch Bürowesen“ zu suchen und da kommen schon die Treffer. Kaufen? Arr, Stopp. Ich muss doch nur den Ordner fertig machen und die Dinger zum Trennen dazwischen heften. Nichts mehr. Keine Promotionsarbeit zum Thema „Entwicklung des modernen Bürowesens und damit zusammenhängende Entstehung der Begrifflichkeiten anhand des Fallbeispiels Trennstreifen“ oder so.

Fünf Wörter für die Bezeichnung desgleichen Gegenstandes: Einlegelasche, Aktenfahne, Trennstreifen, Trennlasche, Trennblatt. Heute habe ich mal wieder mein Vokabular erweitert.

So eine Detektivarbeit muss ein Übersetzer Tag täglich leisten. Möge unsere gesunde Neugierde und Akribie nie nachlassen!

© Gulirano Maripova, 15.08.2015, www.gulirano-maripova.com

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